Christiaan Struelens: Herzdenken
Fühlen zu lernen, was wir denken. Die Gedanken bremsen, innehalten, sich sammeln und versuchen zu empfinden, was man da eigentlich denkt. Das ist der Anfang des meditativen Umgangs mit geistigen Inhalten.
Das schwarz auf weiß Gedruckte ist zunächst nur Information, es ist keine „Weisheit vom Menschen“ , also zunächst noch keine Anthroposophie. Die Vielfalt der Mitteilungen über die Ergebnisse der Geistesforschung können zu einem „surfen“ verleiten, von Neuigkeit zu Neuigkeit, getrieben von Wissensdurst oder sogar Sensationslust. Wir können aber lernen, zu „diven“, einzutauchen: ausgehend von einfachen, überschaubaren inhaltlichen Zusammenhängen – was ja Meditation kennzeichnet – in den wesenhaften Ursprung dieser Gedanken „einzukehren“.
Gedanken sind Schatten, der untere Saum des Lichtkleides geistiger Wesenheiten: also von Wesen mit einem Bewusstsein, mit Empfindungen und mit einer Willensrichtung. Meditieren bedeutet: uns mit ihnen und mit der Kraft, die von ihnen ausgeht, zu verbinden, eine existentielle Beziehung zu ihnen eingehen.
Das heißt also: ein empathisches, dialogisches Verhältnis zu diesen Gedanken-Wesen entwickeln. Mit ihnen mitdenken, mitfühlen und uns in ihre Intentionen hineinversetzen. Diese Tätigkeit geht vom Herzen aus. Es ist wie das Lauschen auf ein feines Säuseln – wie der Prophet Elias es in seiner Höhle erlebte: ein Horchen, das auch zu einem Gehorchen führen kann. In dem die intuitiv erlebte Begegnung zur Tat führt.
Christiaan Struelens ist Pfarrer der Christengemeinschaft in Lübeck.