Spruchmeditationen
für die Mitglieder der Esoterischen Schule (gegeben ca. 1906 – 1914)
aus: Rudolf Steiner: Seelenübungen I, S. 149ff
In den reinen Strahlen des Lichtes
Erglänzt die Gottheit der Welt
In der reinen Liebe zu allen Wesen
Erstrahlt die Göttlichkeit meiner Seele
Ich ruhe in der Gottheit der Welt
Ich werde mich selbst finden In der Gottheit der Welt.
für Mieta Waller ca. 1910
aus: Rudolf Steiner: Seelenübungen II, S. 44
In der Lichtesluft des Geisterlandes
Da erblühn die Seelenrosen,
Und ihr Rot erstrahlet
In die Erdenschwere;
Es wird im Menschenwesen
Zum Herzgebild verdichtet:
Es strahlet in der Bluteskraft
Als das Erdenrosenrot
In die Geistesfelder wieder hin.
1912 erschien ein zu Ostern beginnender Kalender, dem 52 Sprüche für jede Woche des Jahres beigegeben waren, der ‚Anthroposophische Seelenkalender’. Diese 52 Sprüche sind die einzigen Spruchmeditationen, die von Steiner selbst veröffentlicht wurden.
aus: Rudolf Steiner: Wahrspruchworte, S. 19ff
Vorwort zur ersten Ausgabe 1912/13
Mit der Welt und ihrem Zeitenwandel verbunden fühlt sich der Mensch. In seinem eigenen Wesen empfindet er das Abbild des Welten-Urbildes. Doch ist das Abbild nicht sinnbildlich-pedantische Nachahmung des Urbildes. Was die große Welt im Zeitenlaufe offenbart, entspricht einem Pendelschlage des Menschenwesens, der nicht im Elemente der Zeit abläuft. Es kann vielmehr fühlen der Mensch sein an die Sinne und ihre Wahrnehmungen hingegebenes Wesen als entsprechend der licht- und wärme-durchwobenen Sommernatur. Das Gegründetsein in sich selber und das Leben in der eigenen Gedanken- und Willenswelt kann er empfinden als Winterdasein. So wird bei ihm zum Rhythmus von Außen- und Innenleben, was in der Natur in der Zeiten Wechselfolge als Sommer und Winter sich darstellt. Es können ihm aber große Geheimnisse des Daseins aufgehen, wenn er seinen zeitlosen Wahrnehmungs- und Gedankenrhythmus in entsprechender Weise zum Zeitenrhythmus der Natur in Beziehung bringt. So wird das Jahr zum Urbilde menschlicher Seelentätigkeit und damit zu einer fruchtbaren Quelle echter Selbsterkenntnis. In dem folgenden Seelen-Jahres-Kalender wird der Menschengeist in derjenigen Lage gedacht, in welcher er an den Jahreszeiten-Stimmungen von Woche zu Woche das eigene Seelenweben im Bilde an den Eindrücken des Jahreslaufes erfühlen kann. Es ist an ein fühlendes Selbsterkennen gedacht. Dieses fühlende Selbsterkennen kann an den angegebenen charakteristischen Wochensätzen den Kreislauf des Seelenlebens als zeitlosen an der Zeit erleben. Ausdrücklich sei gesagt, es ist damit an eine Möglichkeit eines Selbsterkenntnisweges gedacht. Nicht «Vorschriften» nach dem Muster theosophischer Pedanten sollen gegeben werden, sondern vielmehr auf das lebendige Weben der Seele, wie es einmal sein kann, wird hingewiesen. Alles, was für Seelen bestimmt ist, nimmt eine individuelle Färbung an. Gerade deshalb aber wird auch jede Seele ihren Weg im Verhältnis zu einer individuell gezeichneten finden. Es wäre ein leichtes, zu sagen: So, wie hier angeführt, soll die Seele meditieren, wenn sie ein Stück Selbsterkenntnis pflegen will. Es wird nicht gesagt, weil der eigne Weg des Menschen sich Anregung holen soll an einem gegebenen, nicht sich pedantisch einem «Erkenntnispfade» fügen soll.
Fünf der 52 Sprüche lauten:
1 Oster-Stimmung (1912: 7.-13. April) 52 Frühling-Erwartung (1913: 30. März)
Wenn aus den Weltenweiten Wenn aus den Seelentiefen
Die Sonne spricht zum Menschensinn Der Geist sich wendet zu dem Weltensein
Und Freude aus den Seelentiefen Und Schönheit quillt aus Raumesweiten,
Dem Licht sich eint im Schauen, Dann zieht aus Himmelsfernen
Dann ziehen aus der Selbstheit Hülle Des Lebens Kraft in Menschenleiber
Gedanken in die Raumesfernen Und einet, machtvoll wirkend,
Und binden dumpf Des Geistes Wesen mit dem Menschensein.
Des Menschen Wesen an des Geistes Sein.
12 Johannes-Stimmung (1912: 24. Juni) 38 Weihe-Nacht-Stimmung
Der Welten Schönheitsglanz Ich fühle wie entzaubert
Er zwinget mich aus Seelentiefen Das Geisteskind im Seelenschoß,
Des Eigenlebens Götterkräfte Es hat in Herzenshelligkeit
Zum Weltenfluge zu entbinden; Gezeugt das heil’ge Weltenwort
Mich selber zu verlassen, Der Hoffnung Himmelsfrucht,
Vertrauend nur mich suchend Die jubelnd wächst in Weltenfernen
In Weltenlicht und Weltenwärme. Aus meines Wesens Gottesgrund.
26 Michaeli-Stimmung
Natur, dein mütterliches Sein,
Ich trage es in meinem Willenswesen;
Und meines Willens Feuermacht,
Sie stählet meines Geistes Triebe,
Daß sie gebären Selbstgefühl,
Zu tragen mich in mir.
Literatur zum Seelenkalender:
Karl König: Anleitungen zum Seelenkalender
Dieter Hornemann: Mit der Erde atmen lernen.